Peleus

Studien zur Archäologie und Geschichte Griechenlands und Zypern
Herausgegeben von Reinhard Stupperich und Heinz A. Richter

Band 61

Mihailo Popovic, Historische Geographie und Digital Humanities. Eine Fallstudie zum spätbyzantinischen und osmanischen Makedonien

(2013) 276 Seiten, 33 Abbildungen, 44 Karten, 8°, hard cover, ISBN 978-3-447-06950-2, € 32.-, online bestellen

Den Ausgangspunkt dieser Monographie bilden die seit Jahrzehnten verankerte Methode des Projektes der Tabula Imperii Byzantini (TIB) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und die daraus anhand des Quellenstudiums gewonnenen Lemmata zu den Toponymen der historischen Landschaft Makedonien, wie sie im Rahmen des Teilprojektes „Makedonien, nördlicher Teil“ (TIB 16) vorab definiert wurde.
Der Verfasser hat bewußt eine Mesoregion aus diesem umfassenden Bearbeitungsgebiet von TIB 16 gewählt, nämlich die Flußtäler der Strumica (Strumešnica) und der Kriva Lakavica zwischen den Orten Štip im Nordwesten und Melnik im Osten, um an ebendieser seine Gedanken einer innovativen Weiterentwicklung der historisch-geographischen Erforschung des Byzantinischen Reiches exemplarisch darzulegen bzw. zu formulieren.
Diese Weiterentwicklung wird in insgesamt neun Abschnitten umfassend erläutert. Ausgehend von der TIB setzt der Verfasser zunächst einen Schwerpunkt auf die Untersuchung der erwähnten Mesoregion unter dem Gesichtspunkt siedlungstheoretischer Überlegungen. Namentlich wird die modifizierte „Central Place Theory“ auf insgesamt vier Untereinheiten der Mesoregion angewandt, um deren räumliche Ausgestaltung bzw. Differenzierung vom 13. bis zum 16. Jahrhundert erfaßbar zu machen. Daraus lassen sich neben Daten zur Zentralität auch jene zur Siedlungsentwicklung – wie zum Beispiel zu Wüstungsprozessen, Kolonisation und Siedlungskontinuität – herauslesen. Aufgezeigt wird zudem die Bedeutung der Weidewirtschaft in der Nutzung von vermeintlichem „Niemandsland“ zwischen Siedlungen, die sowohl in den schriftlichen Quellen als auch im toponomastischen Befund greifbar ist.
Weiters wird veranschaulicht, wie sich der Informationsgehalt mittelalterlicher schriftlicher Quellen und archäologischer Befunde zum Bearbeitungsgebiet sinnvoll durch neuzeitliche Archivalien des 19. Jahrhunderts (d. h. aus vorindustrieller Zeit), durch Surveys vor Ort, durch die Anwendung des Global Positioning System (GPS) und durch den Einsatz der Geoinformatik ergänzen bzw. bereichern läßt. Hierbei tritt deutlich hervor, daß z. B. eine wesentliche Vertiefung der Kenntnisse über den Verlauf von Verkehrswegen in einer Region durch die Einbeziehung der besagten Aspekte (im besonderen durch „ least-cost path“-Modelle sowie Georeferenzierung neuzeitlicher Landkarten) erzielt werden kann.>BR> Nur durch eine zeitintensive Vorbereitung läßt sich feststellen, ob aus der Kombination von schriftlichen Quellen, archäologischem Befund, ergänzenden neuzeitlichen Archivalien und von Surveys samt GPS-Einsatz ein Datensatz erstellt werden kann, der sich in das Rechenmodell geoinformatischer Anwendungen (Geographical Information Systems / GIS) einbetten läßt. Ausgehend von den GPS-Wegpunkten der auf der Basis der schriftlichen Quellen greifbaren Siedlungen, die während der Surveys vor Ort eingemessen wurden, wird eine tiefergreifende Auswertung des Zentralitätsfaktors von Siedlungen mittels historisch-geographischer Netzwerkanalyse präsentiert.
Somit stellt diese Monographie das verbindende Glied in einer langen Kette historisch-geographischer Forschungstätigkeit an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften dar, indem sie von der bewährten Methode der TIB ausgehend durch gezielte Anwendung von Siedlungstheorien und Geoinformatik den bisherigen Weg bereichert und einen neuen in Richtung GIS, GIS-Datenbanken und verstärkter Internetpräsenz weist.